Halbzeit - 6 Monate Ecuador

Liebe Leserinnen und Leser,

da es schon eine Weile her ist, dass ich etwas von mir habe hören lassen, gibt es nun einiges zu berichten. 
Mitte Januar bot mir das Wochenende die Gelegenheit nach Mompiche zu fahren, da dort zur Zeit zwei Freunde aus Deutschland arbeiten. Das kleine Fischerdorf Mompiche liegt an der Küste, 2-3 Busstunden südlich von Esmeraldas, einer Stadt, die sich im Norden Ecuadors befindet. Vor ca. 30 Jahren hatte der Tourismus Mompiche noch nicht erreicht, denn damals gab es noch keine richtigen Straßen, die zu dem Dorf führten. Heute ist Mompiche ein beliebtes Ziel für Surfer, denn hier gibt es wohl bis zu 1,3 km lange Wellen. Von Ambato aus hatte ich am Freitag Abend eine 11-stündige Busfahrt vor mir. Von der kühlen Sierra ging es 2500 Höhenmeter tiefer in die schwülwarme Costa. Das Wetter war herrlich. Kaum Wolken und eine warme Luft, die bis in die Nacht anhielt. Auch das Wasser hatte eine angenehme Temperatur, sodass wir den ganzen Tag baden gehen konnten. Zu Fuß gingen wir zu einem anderen Strandabschnitt, der sich Playa negra (schwarzer Strand) nennt. Der Name hatte auch seinen Grund, der Sand war nämlich aufgrund des hohen Titaniumanteils total schwarz. In der Sonne glitzerte der Sand und die Konsistenz des Sandes fühlte sich außergewöhnlich weich an. Bevor die Flut kam, schlenderten wir noch zu einer kleinen idyllischen Bucht, in der wir ganz für uns allein waren. 

Strand von Mompiche

Blick vom Hostel aufs Meer
Kakaofrucht

Strand von Mompiche
Strand von Mompiche

Strand von Mompiche
Strand von Mompiche - ideal zum surfen
Playa negra


Playa negra

Playa negra

Die Bucht
Die Bucht

Am Sonntagmorgen führte uns einer der Einheimischen im Rahmen einer kleinen Tour durch den Regenwald. Vor ca. 100 Jahren bestand die ganze Costa noch aus Regenwald. Mit der Globalisierung stieg die Nachfrage an ecuadorianschen Lebensmitteln, sodass der Wald für die Kultivierung von beispielsweise Bananen und Kakao fast komplett abgeholzt wurde. Fasr nur in der Provinz Esmeraldas ist noch ein Teil des Regenwaldes erhalten.
Der Einheimische hieß Ramón und führte uns über sein eigenes, mehrere Hektar großes Grundstück. Einen kleinen Teil verwendet er um Kakao und Früchte anzubauen, um sich seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, den Großteil aber überlässt er der Natur.
Uns erwarteten matschige Pfade, Lianen, Palmen, spannende Tiergeräusche und eine Vielfalt an mir unbekannten Pflanzen. Wir probierten Pflanzen, von denen ich niemals gedacht hätte, dass man sie essen kann. Außerdem durften wir ganz frische Bananen, Kokosnüsse und Kakao probieren. Die Kakaobohnen innerhalb der Frucht sind von einem weißen, süßlichen Fruchtfleisch umschlossen, das man essen kann. Die Kakaobohnen, die wir in der Schokolade wiederfinden, werden erst getrocknet. Frisch schmecken sie überhaupt nicht nach Kakao.
Von weitem sahen wir freilebende Affen und Ramón zeigte uns einen Baum, an dem unglaublich viele Vogelnester hingen, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Wir konnten beobachten wie die Vögel ständig ein und ausflogen.
Als wir fragten, ob es auch giftige Tiere gäbe, erklärte uns Ramón, dass er die Natur respektiere und verehre und ihr daher vertraue, dass sie ihm nichts antue. Für ihn hat die Natur eine religiöse Bedeutung. Die Pachamama (Göttin der Erde) schenke den Menschen durch die Natur die Grundlagen für das Leben und damit auch Gesundheit. Vorallem in den Anden (Ecuador, aber auch Peru, Bolivien etc.) wird die Pachamama von den Quechuavölkern als Gottheit verehrt.
Er meinte, dass er in der Zukunft dort im Regenwald leben und sich allein von dem, was die Natur ihm schenkt, ernähren wolle.
Die Dschungeltour war eine tolle Erfahrung und hat definitiv Lust auf mehr gemacht. 
Mompiche hat für mich eine besonderen Eindruck hinterlassen. Bisher ist er aus meinen Augen einer der schönsten Strände, die ich bisher in Ecuador gesehen habe.


Zu Beginn der Dschungeltour
Zahlreiche Vogelnester am Baum

Kokosnussschalen


Ramón beim Schälen einer Kokosnuss

Qué rico el coco!

Max, Alex, die beiden Franzosen und ich

Im Dschungel

Erde als Gesichtsmaske - was man im Dschungel so findet...
Ende Januar trafen sich alle Ecuador Freiwilligen vom IB zum Zwischenseminar in der Nähe von Cuenca. Das Zwischenseminar diente vorallem dazu, sich mit dem vergangenen und dem kommenden halben Jahr zu beschäftigen. Die genaueren Inhalte orientierten sich an unseren Wünschen und Bedürfnissen, sprich es lag an uns, das Seminar inhaltlich zu gestalten. Themen waren z.B. Freundschaften, Kontakt zu Einheimischen, Postkolonialismus, ferne Zukunft, Respekt, Wertschätzung u.m.
Die Themen behandelten wir mit verschiedenen Methoden und arbeiteten viel in Kleingruppen. Es war superschön alle anderen Freiwilligen wieder zu sehen. Die Woche diente aber auch dazu, sich von dem Erlebten zu erholen und schenkte uns damit die Chance das Geschehene zu reflektieren.
Leider wurde ich zum Seminar krank und verpasste ein paar Inhalte, da ich dreimal zum Arzt musste.
Zum Ende des Seminars kamen unseren Mentorinnen dazu, sodass ein Austausch zwischen Mentorin, IB und Freiwilligen stattfand.
Das Seminarhaus befand sich in einem idyllischen Tal, umgeben von einer grünen Landschaft. Morgens Yoga, abends Lagerfeuer und Gitarrenmusik machten die Stimmung noch harmonischer.
Mit neuer Energie und Motivation starte ich nun in die zweite Hälfte meines Freiwilligendienstes. 
 

Gruppenarbeit - Gedankenspaziergang

Auf dem Seminargelände - auch Lamas waren mit dabei

In der Freizeit die Natur genießen
Alle IB-Ecuadorfreiwilligen mit Mentorinnen und Teamern
Wir vier Freiwilligen aus Ambato und unsere Mentorin Sonia (vorne)


Auf dem Seminar

Arbeiten im Freien


Nach dem Seminar hatte ich eine Woche Schulferien. Zusammen mit Theresa und Lili, zwei Freiwilligen aus Cuenca, fuhr ich mit dem Bus zum Wasserfall San Rafael, dem größten Wasserfall Ecuadors. Der Anblick dieser mächtigen Wassermasse war sehr beeindruckend. Von dort sahen wir auch den Vulkan El Reventador, der aktiv ist und sehr oft kleine, harmlose Aschewolken ausstößt.
Wir planten eine Nacht in Lago Agrio (auch Nueva Loja) zu bleiben und fanden über Couchsurfing eine Übernachtungsmöglichkeit bei Carlos. Er war mit Freunden ebenfalls zum Wasserfall San Rafael gefahren, sodass wir uns dort trafen. Er zeigte uns noch einen weiteren Wasserfall, die Cascada Magica und einen klaren Bach, in dem man baden konnte. In seinem Auto fuhren wir über zwei Stunden nach Lago Agrio.
Am nächsten Morgen trafen wir uns mit Alexandra und Max aus Deutschland. Gemeinsam wollten wir eine viertägige Dschungeltour im Parque National Cuyabeno machen. Cuyabeno liegt im Nordosten Ecuadors, nahe der Ländergrenze zu Kolumbien und Peru und ist Teil des Amazonasgebietes. Von Lago Agrio startete die Tour mit dem Bus, der uns bis zu einem Fluss fuhr. Dort stiegen wir nach einem Mittagessen in motorgetriebene Kanus, da die Lodges in Cuyabeno nur über den Fluss zu erreichen sind. Unsere Lodge war die GreenForestlodge. In der Nähe der Lodges befinden sich einige Communidades, in denen noch einheimische Völker leben. Während der vier Tage sahen wir viele Tiere wie zum Beispiel Schlangen, Spinnen, Vögel, Papageien, Krokodile und Affen. Sowohl diese Tiere in der freien Natur zu erleben als auch die Pflanzen, die dem Regenwald das Dschungelgefühl verleihen, waren ein sehr schönes Erlebnis. Außerdem besuchten wir eine Communidad, wo wir lernten Tortillas de Yuca zuzubereiten. Später trafen wir einen Schamanen, der uns über seine Arbeit als Schamane berichtete und fragen beantwortete.
Nach unserem Ausflug in den Urwald blieben wir eine Nacht in Lago Agrio. Carlos gewährte uns nochmals eine kostenlose Unterkunft. Am Nachmittag fuhren wir gemeinsam mit einem Freund von ihm an den Fluss um zu baden, denn es war furchtbar schwül. Dort verbrachten wir eine schöne Zeit bis die Sonne unterging und selbst dann war es noch angenehm warm.
Am nächsten morgen fuhr ich mit Theresa und Lili weiter nach Papallacta. Papallacta ist ein kleines Dorf in der Nähe von Quito, wo sich das größte Thermalbad Ecuadors befindet. Wir verbrachten dort einen entspannten Tag und hatten eine wunderschöne Aussicht auf die bergige Landschaft. Am Abend fuhren wir weiter nach Otavalo, wo wir am nächsten Tag auf den wohl größten Markt (dieser Art) Südamerikas gingen. Es gelang uns tatsächlich den ganzen Tag auf dem Markt zu verbringen. Wir lernten einen Reisenden aus Deutschland kennen, mit dem wir die restliche Zeit vom Wochenende verbrachten. Am Sonntag morgen fuhren wir zu einer Lagune nahe Otavalo. Wir machten eine 5-stündige Wanderung (14km) um die Cuicochalagune und lernten unterwegs einen indigenen Ecuadorianer kennen, der sich unserer Gruppe anschloss. Er konnte uns viel über die Natur erzählen und war sehr sympathisch. Der Ausblick auf das blaue Wasser der Lagune war superschön. Unterwegs gab es Blaubeeren zum naschen, denn es gab unzählige Sträucher am Wegrand. Am Nachmittag machten wir uns auf den Weg Nachhause, schließlich musste ich am Montag wieder arbeiten.
Cascada de San Rafael


Lili, Alex, Theresa, Max und ich

Unterwegs auf dem Fluss Cuyabeno
Mitten im Cuyabeno Nationalpark

Mitten auf der Lagune - bereit zum baden


Blick vom Ufer auf das Wasser in Richtung Lagune

Die Lagune bei Tag

Baum in der Lagune bei Sonnenuntergang
Baum in der Lagune bei Sonnenuntergang

Palmen am Rande der Lagune


Yucas ernten mit Hilfe einer Einheimischen

Häuser einer Comunidad im Parque Nacional Cuyabeno
Haus einer Comunidad im Parque Nacional Cuyabeno

Eine Palme, die sich mithilfe ihrer Wurzeln fortbewegen kann

Mitten im Amazonasgebiet



Blick von der Lagune auf den Regenwald

Baum in der Lagune

Die Lodge


Die Cuicochalagune




Theresa, Lili, Marco, Gary und ich



Vergangenen Sonntag fanden in ganz Ecuador Präsidentschaftswahlen statt. In Ecuador ist Wahlpflicht, jeder Bürger muss also wählen gehen. Die Wochen davor wurde unglaublich viel Wahlwebung gemacht. Neben Wahlplakaten fuhren die Präsidentschaftskandidaten in Autos durch die Straßen, um Werbung zu machen, gefolgt von einer Menge Autos, die ebenfalls Wahlwerbung machten. Mein Eindruck ist, das hier mehr Wahlwerbung gemacht wurde, als in Deutschland. Am vergangenen Wochenende war in ganz Ecuador ein Alkoholverbot (ley seca), schließlich sollten die Wähler besonnen ihre Stimme abgeben. Seit 2007 ist der Politiker Rafael Correa Ecuadors Präsident. Nun steht ein Wechsel an. Im April wird es eine Stichwahl zwischen den Kandidaten Lenin und Lasso geben.

Die Zeit, in der ich in der Schule zusammen mit Viviana arbeitete, war etwas entspannter. Wir verstanden uns super und konnten uns eigentlich immer gut darauf einigen, wie wir den Unterricht gestalten wollten. Aufgrund der Entlassung eines Lehrers muss Viviana nun aber den Lehrer vertreten, sodass ich seit einer Woche wieder allein im Casa Hogar arbeite.
Für einen Monat sollte ich alle drei Tage in einer Klasse aushelfen, da die Lehrerin aufgrund eines Unfalles nur eingeschränkt arbeiten konnte. Es handelte sich bei dieser Klasse um eine Gruppe von Schülern mit starker körperlicher und geistiger Einschränkung. Diese Arbeit hat mir weniger gefallen, da außer füttern und Hilfe beim Gang zur Toilette kaum etwas anstand. Ich bin nun also froh, wieder vollzeitig im Casa Hogar zu arbeiten.
Mittlerweile habe ich zu vielen Schülern eine recht gute Beziehung aufgebaut, sodass mich einige Schüler auch wiedererkennen und grüßen. Am schwersten fällt es mir noch, eine Verbindung zu den Autisten aufzubauen. Mittwochs habe ich beispielsweise eine Autistenklasse, mit der es superschwer ist, zu arbeiten. Einer der Schüler wirft ständig alle Sachen um, spuckt, reißt an den Haaren und zwickt. Es muss also ununterbrochen auf ihn aufgepasst werden. Die anderen Kinder sind nicht ganz so wild, trotzdem ist es schwer mit ihnen zu arbeiten. Wir üben dann z.B. denn Pulli aus- und wieder anzuziehen, was viele Schüler noch nicht alleine können.
Während der Ferien war in der Schule einiges passiert, so geschah zum Beispiel ein Direktorwechsel. Ich bin gespannt, wie es mit der neuen Direktorin weitergehen wird.

Das Klima in Ambato ist nun deutschlich frischer und regnerischer als in den Sommermonaten November und Dezember. Wenn die Sonne scheint, ist es trotzdem noch sommerlich warm.
In meiner Gastfamilie fühle ich mich nach wie vor sehr wohl und habe vorallem zu meiner Gastmutter eine gute Beziehung. Wenn ich etwas deutsches koche, möchte sie das immer sofort lernen. So hat sie neulich schon schwäbischen Kartoffelsalat gemacht und Gutzle gebacken.

Mit der spanischen Sprache habe ich mittlerweile keine Probleme mehr. Das einzige, was manchmal fehlt, sind Vokabeln oder die korrekte grammatikalische Form. Meine Kenntnisse reichen jedoch aus, mich mit anderen Leuten zu verständigen.

Ich kann es kaum glauben, dass nun schon die Hälfte meines Freiwilligendienstes vorbei ist und freue mich auf die nächsten sechs Monate! 

Viele Grüße aus Südamerika! Eure Lara